Ich möchte euch zu Beginn mit ein paar Zeilen aus dem Buch „Jedes Kind ist hochbegabt – Die angeborenen Talente unserer Kinder und was wir aus ihnen machen“ von Gerald Hüther und Uli Hauser bekanntmachen:
„Lehnen Sie sich noch einmal zurück und versuchen Sie zu vergessen, welche Vorstellung Sie oder andere davon haben wie ein Kind gefälligst zu sein hat. [...] irgendwann werden Sie verstehen, wer da vor Ihnen steht: ein Kind, das sich im Leben zurecht zu finden versucht. So, wie sie damals, als Sie noch klein waren. Und so, wie Sie es auch jetzt noch immer versuchen. Und Sie sehen ein Kind, das leben will, das glücklich sein und gemocht werden will, wie Sie. Und das vor allem so gesehen werden möchte, wie es ist, und nicht so, wie es sein sollte. [...] jedes Kind sucht also in Wirklichkeit genau das, was Sie sich im Grunde Ihres Herzens auch wünschen. Denn das ist unsere Sehnsucht: erkannt zu werden in unserem Wesen, mit unseren Stärken und Schwächen, und so wollen wir auch geliebt werden.“
Und das ein Leben lang.
Resilienz durch mehr Menschlichkeit
Wir finden und erfinden uns im Laufe unseres Lebens immer wieder neu. Wir brauchen eine gewisse Flexibilität im Charakter, denn Dinge verändern sich. Unsere Lebensumstände können sich jederzeit ändern und wir müssen lernen damit umzugehen. Wir kommen oft nur schlecht damit zurecht, wenn wir uns nicht weiterentwickeln. Dabei gibt es kein „Das hätte ich schon längst wissen müssen.“ Oder ein „Warum habe ich das nie gelernt?“. Denn bisher war es vielleicht einfach nicht notwendig, sich mit diesem oder jenem zu beschäftigen. Wir hatten andere Dinge zu lernen. Dinge, die uns heute vielleicht nichts mehr nützen. Dinge, die nicht darauf abzielen, im Leben mit Fehlern, Kritik oder Widerständen, Krankheiten und Not umzugehen.
Ich sehe die Auswirkungen davon bei vielen Menschen in meiner Praxis. Menschen, die sich allein gelassen fühlen. Allein gelassen und unverstanden. Allein gelassen mit einer Krankheit, die sie selbst nicht verstehen und für die sie nicht verantwortlich sind. Niemand sucht sich eine Krankheit aus. Egal ob körperlich oder seelisch. Und auch wenn man seelische Wunden nicht so offensichtlich sehen kann, existieren sie und bestimmen unser Denken, Fühlen und Handeln – unser ganzes Sein. Was Menschen brauchen, ist allem voran: entgegengebrachte Menschlichkeit. Und die sollte nicht nur von einem/-r erfahrenen Therapeuten/-in kommen!
In einem System, das nur auf Leistung aus ist und in dem jegliche Empathie fehlt, kann diesen Menschen nicht geholfen werden. Sie brauchen Unterstützung und keine Verurteilung. Sie brauchen jemanden, der sie aufbaut und nicht klein macht. Sie machen sich oft genug selbst schon klein und verurteilen sich für etwas, für das sie nicht das Geringste können. Niemand kann sich anmaßen zu wissen, wie es ist krank zu sein, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Und selbst dann, gibt es immer noch Unterschiede im Erleben und Fühlen. Was man aber tun kann ist, sich einfühlen und versuchen zu verstehen. Das ist meiner Meinung nach das Mindeste. Ja, es bedeutet umzudenken, die Perspektive zu wechseln und das muss man wollen. Wenn es aber gleichzeitig bedeutet, jemandem helfen zu können, indem man wertschätzender mit ihm umgeht, dann sollte sich meiner Ansicht nach jeder die Mühe machen. Im Grunde ist es verdammt einfach, denn es fängt mit einer netten Begrüßung oder einem Lächeln an. Ich denke, das schafft jeder. „Deshalb lautet die entscheidende Frage nicht, wie Kinder und Jugendliche erzogen und gebildet werden sollten, sondern wofür. Schließlich ist denkbar, dass unsere heutigen Vermutungen und Vorstellungen darüber, worauf es in ihrem Leben später einmal ankommt, falsch sind. Vielleicht ist es gar nicht wichtig, möglichst gut zu funktionieren und möglichst viel zu wissen. Vielleicht werden in Zukunft vor allem solche Menschen gebraucht, die gerade nicht so funktionieren wie alle anderen.“
Also fragt euch selbst: Was sollten Kinder in der Schule lernen, sodass sie im Anschluss daran ihr Leben selbst meistern können? Was sind tatsächlich erstrebenswerte Dinge im Leben? Noten und Leistung oder mehr Menschlichkeit im Sinne von Liebe, Mitgefühl und Verständnis für andere?
Hier ist eine mögliche Antwort auf diese Fragen:
„When I was five years old, my mother always told me that happiness was the key to life. When I went to school, they asked me what I wanted to be when I grew up. I wrote down >happy<. They told me I didn’t understand the assignment, and I told them they didn’t understand life.”
John Lennon
Caroline Pitz
Comments